die Geschichte wird immer wieder (neu-)erzählt... in Endlosschleife. Zeit für den nächsten Track!7/13/2020 ![]() Erzählen wir unsere Geschichte mit unseren Worten, entspricht es gleichzeitig auch einer Begradigung einer Schieflage. Es gleicht jener Schieflage eines Bildes, welches wir immer wieder aufs Neue versuchen umzugestalten, zu dekolonialisieren und zu dekonstruieren. Reden wir von unseren eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft, passiert dies ganz bestimmt nicht zum ersten Mal. Ich genieße die Momente ohne erklären zu müssen, warum ich mich gerade an diesem einen bestimmten Ort befinde. Ich genieße es ebenso, nicht erklären zu müssen, wie es als Schwarze Frau ist, in einer scheinbar weißen Welt zu sein. Es kostet manchmal schon genug Kraft überhaupt einen Fuß vor die Tür zu setzen. Ich möchte die Gewissheit haben, nicht schon wieder bei einem Smalltalk das eigentlich Offensichtlichste und zugleich Unverständlichste dem unwissenden Gegenüber als ein Google-Ergebnis kompakt zu erklären. Es ist für einen weißen Teil der Gesellschaft gewollt unsichtbar, allerdings ist es für meine Schwestern und für mich alltäglich, rassistische Diskriminierung zu erleben und es ist egal in welcher Form das passiert. Es passiert und das reicht schon, um die Schieflage in einer weißen Mehrheitsgesellschaft zu benennen. Dass ich als Schwarze Frau neben dem privaten und beruflichen Wahnsinn, auch die Schieflage eines fehlerhaften Bildes an meinem eigenen Körper täglich spüren muss, ist für viele Nicht-Betroffene nicht greifbar. Bin ich aber die Person, die sich immer wieder aufs Neue quasi entblößen muss, um es greifbar zu machen? Erzählen wir unsere Geschichte, beinhaltet dies auch das Alltägliche und zugleich Anstrengende. Es sollte ganz bestimmt nicht intendiert sein, einen Moodkiller zu kreieren, womit die Stimmung in einem Raum einem Blues gleicht. Aber es ist eben die Realität, womit sich viele von uns auseinandersetzen müssen. Wenn mein Gegenüber fragt, wie es ist als Schwarze Person in einem scheinbar weißen Deutschland zu leben, antworte ich meistens kompakt und in Stichpunkten wie in einer Power Point Präsentation. Mir fehlt eben auch die Kraft meinem (weißen) Gegenüber die genannte Schieflage zu erklären mit der Hoffnung, dass sich etwas ändert. Es wird sich ganz bestimmt nichts ändern, wenn mein Gegenüber sich dem Rassismusproblem in Deutschland kurzzeitig widmet. Per Copy & Paste das Wichtigste raus schreiben und irgendwo bei Sonstigem zu speichern, genügt nämlich nicht. Eine Begradigung der Schieflage beabsichtigt auch, dass unsere Alltagsrassismus-Erfahrungen sowie unsere Position als Schwarze Menschen in Deutschland nicht in Endlosschleife ungehört bleiben. Es wird Zeit für einen neuen Track, wo es um die Benennung des Rassismusproblems in Deutschland geht und auch darum, unsere Geschichte nicht immer wieder aufs Neue erzählen zu müssen, als ob es vorher noch nie existiert hätte. Persönliche Buchempfehlung: Nach über 30 Jahren ist das Buch "Farbe bekennen" immer noch aktuell. Die Aufarbeitung und Sichtbarmachung Schwarzer Realitäten in Deutschland ist nach wie vor notwendig. "Farbe bekennen" stellt neben vielen weiteren wertvollen Buchveröffentlichungen ganz bestimmt keine thematische Nische dar, sondern muss ein Teil der klassischen literarischen Sammlung eines jeden Haushalts werden. Link: https://orlanda.de/book/may-ayim-katharina-oguntoye-dagmar-schultz-hg-farbe-bekennen-afro-deutsche-frauen-auf-den-spuren-ihrer-geschichte
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