Hier sind wir, gehen nicht weg und waren es auch nicht. Wir sind besonders. So besonders, dass der Körper vor allem ins Augenmerk vieler anderer fällt. Sobald ich die tragische Geschichte von Sarah Baartman las, war ich erschüttert, wie viel Sensationsgier und Exotisierung gepaart mit Unmenschlichkeit und dem race Konstrukt, das Leben einer jungen Frau wertlos machten. Die Wertung galt ganz allein ihrem in anderen Augen ungewöhnlichen Körperbau. Ich möchte nicht detailliert die Weltausstellung ungefähr um 1900 beschreiben, bei der Sarah Baartman als eine Sensation vor hunderten von Gierigen sich entblößen musste. Es ist allein schon schmerzvoll zu begreifen, dass die Gier nach dem fremden Körper immer noch jetzt einen bitteren Beigeschmack hinterlässt.
Die Brutalität dieser Gier möchte ich nicht mit der Gegenwart gleichstellen, doch werde ich das Gefühl nicht los, dass auch heute dieses Gefühl mitschwingt, wenn ich die Straßen runterlaufe. Es ist dieses Gefühl, begafft zu werden, sobald ich an Personen vorbeilaufe. Natürlich mögen einige sagen, es läge an Attributen wie etwa attraktiv zu sein. Nein, das ist es aber nicht. Das Gaffen fühlt sich wie eine ethnologische Studie an, wie denn eine Schwarze Frau so aussieht, denn es gäbe so wenige. Dass es schon immer Schwarze Frauen gibt, spielt dabei aber nie eine Rolle. Eher sind es die Vergleichsbilder aus alten Lehrbüchern mit Forschungen im fernen Afrika, wo alles anders sei. Schon allein die Tatsache, diese Gedanken zu haben, ist tragisch und lenkt vom Wesentlichen ab - wunderschöne Schwarze Frauen zu sein. Ich möchte kein Forschungsobjekt in Augen anderer sein und mich unbehaglich fühlen. Doch solche Situationen sind mir immer wieder begegnet, wenn es darum ging, meine Attraktivität selbst zu hinterfragen. Solche Situationen begleiten mich schon sehr lange. Es hat natürlich einen Einfluss auf mein Selbstwertgefühl bei der Frage wie ich auf Andere in einer weißen Mehrheitsgesellschaft wirke. Doch soll es einen überallhin begleiten? Es sollte doch eher darum gehen, sich stets immer bewusst zu sein, dass Wir hier sind, selbstverständlich und ohne (eigene) Hinterfragungen unseres Aussehens. Wir sind keine fremden Körper, sondern werden zu diesen gemacht.
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Immer, wenn ich den Fernseher einschalte, bereue ich es gleich wieder. Die derzeit geführten Diskurse sind von sehr viel Wut, Anspannung und diesem imaginären Zeigefinger begleitet. Was ich mit diesem Zeigefinger meine, ist dieses Gefühl, was mich bei den gezeigten Bildern verfolgt. Einige können beim Thema Fernseher meinen, eine reine Unterhaltung darin zu sehen. Mein Studium in Sozialwissenschaften wird vermutlich viel dazu beigetragen haben, dass dieses Fernsehen als Medium auf gar keinen Fall nur der Unterhaltung dient. Sehe ich Bilder, sehe ich auch symbolische Mitteilungen. Eine solche symbolische Mitteilung ist beim Thema der Migrant*innen stark zu spüren. Nicht nur, dass sich die Begriffe um die sogenannten Migrant*innen, Ausländern, Deutschen mit Migrationshintergrund stets ändern. Das Gefühl der Fremdzuschreibung bleibt nicht aus, wenn diese Betonung des Andersseins bei jedem Bild verstärkt wird.
Zuletzt passiert das bei der Debatte, wer hierbleiben darf und wer dazu nicht berechtig ist. Vor allem scheint der Fokus darauf zu liegen, zu zeigen, dass diese sogenannten Fremden wirklich kriminell sind. Scheint es nur mir so zu gehen oder taucht die Tatsache - u.a. Schwarz zu sein und keine Daseinsberechtigung in Deutschland zu haben – im gleichen Atemzug auf. Dieser Zeigefinger, der dabei aus dem Nichts erscheint, ist eine Warnung, dass sich solche Bilder und deren Bedeutung in einer unerwarteten Geschwindigkeit ändern. Es mag immer Phasen sein, welche Gruppen eine immense Fremdzuschreibung erhalten. Doch für alle Betroffenen solcher Phasen ist es anstrengend und kräftezerrend. Vor allem wird keinerlei Raum für Betroffene ermöglicht, dieses fremdbestimmte Außenbild in einer meinungsbestimmten Gesellschaft zu ändern. Dieser Zeigefinger, der oft vor der Nase hin und her fuchtelt, mag eine Warnung sein. Es ist aber gleichzeitig auch ein Appell, nie still zu sein. Wenn mal wieder in einer Gruppe über diese brisanten Nachrichtenthemen wild diskutiert wird, bleibt doch immer das Gefühl, das wesentliche Dinge keine Worte finden. Die betroffenen Menschen in den gezeigten Bildern füllen unfreiwillig diese Bilder mit Inhalt. Es darf nicht sein, dass Bilder damit versehen werden, welche Personengruppen mal wieder Schuld an konstruierten Miseren haben. Solche konstruierte Miseren wie zum Beispiel die Überschwemmung durch Kriminelle mit einer verdächtig häufigen Zuschreibung des Fremden in Form der Hautfarbe. Diese Gefahr, die in etlichen schmerzvollen Bildern verpackt wird, entspricht nicht der Realität. Es dient konstruierten, emotionsgeladenen Schuldzuweisungen, die immer wieder ein neues Aussehen formen. Die Objekte dieser Gefahren ändern sich je nach Zeit. Aber es ändert nicht die Tatsache, dass diese Objekte Menschen sind, die viel Leid erfahren. Vor allem, wenn Personen als DAS Argument einer vermeintlich bedrohlichen Misere, jegliche Menschlichkeit verlieren. Schalte ich den Fernseher ein, sehe ich nur den Verlust jeglicher Empathie für das Leid der Menschen, die als Gegenstände einer gefährlichen Dynamik hinhalten müssen und dadurch alles verlieren, was ein handelndes Subjekt ausmacht – eine hörende Stimme zu haben. #mir_fehlen_manchmal_die_Worte #wortlos_aber_nicht_sprachlos #die_Scheiße_braucht_die_wahren_Worte |
Autorin und ihre ideale..kritisch. Archiv
August 2022
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