In der ständigen Verhandlung, was für mich das Schwarzsein eigentlich bedeutet und womit es einhergeht, komme ich zu keiner Schlussfolgerung - wie soll ich auch zu einer Lösung gelangen. Wenn die Sprache Wirklichkeit schafft, stelle ich mir zugleich die Frage, womit ich das Schwarzsein als Schwarze Person vor allem in Deutschland übersetzen kann.
Die ersten Schritte der Verhandlung beginnt bei mir mit der Frage, was meine Basis darstellt, wenn ich mich in mehrheitlich weißen Räumen bewege. Meistens werde ich dann doch mit offenen Armen in diesen Räumen herzlich empfangen und zur Begrüßung soll ich bitte doch mitteilen, woher ich wirklich komme. Ich vermeide die Beantwortung dieser „höchst legitimen Frage“. Eher verdeutliche ich mit einer Nicht-Antwort den Non-Sense. Stelle ich mir allerdings selbst die Frage, geht es nicht darum, ob ich mich einer mehrheitlich weißen deutschen Gesellschaft zugehörig fühle oder nicht. Vielmehr interessiert es mich, wie mich Communities geprägt haben, in denen ich mich parallel bewegte. Ich schmunzele mittlerweile bei den Gedanken als Teenager in der bayrischen Kleinstadt unbedingt auf den beliebten Hiphop-Partys mit den kreativen Titeln wie P.I.M.P. oder einfach Black sein zu wollen statt mit TaTa's, TonTons und Cousinen Geburtstage, Jubiläen und Unabhängigkeitstage zu feiern. Im Rückblick waren genau diese Räume der westafrikanischen Communities prägend, auch wenn ich gelangweilt in der Ecke saß und nicht wieder zu Magic System Premier Gaou durch den Raum tanzen wollte, da….nicht cool. Ich bin dankbar, dass durch die Sichtbarmachung Schwarzer Lebensrealitäten in Deutschland eine Sprache geprägt wurde, wo auch ich mich wiederfinden kann. Durch Bücher und Sprecher*innen wurden wichtige Schwarze Perspektiven sichtbar und Schwarze Perspektiven idealerweise Teil öffentlicher Debatten und Diskurse – ich wiederhole: idealerweise. Ob als Afro-Deutsche, Schwarze Deutsche, Afropolitan/Afropolitisch, Afropäisch oder als Teil der afrikanischen Diaspora ist die Selbstbezeichnung zugleich eine Selbstsetzung, allerdings für das Gegenüber nicht unbedingt greifbar- warum auch?! Wenn es schon darum geht über eine Übersetzung des Schwarzseins zu schreiben, meine ich nicht damit, wie ich das Schwarzsein gegenüber Nicht-Schwarzen übersetzen kann, soll oder möchte. Vielmehr verdeutliche ich mit diesem Versuch, dass es keinen mehrheitlich weißen Raum unbedingt benötigt, um mein Schwarzsein für mich zu übersetzen. Was heißt es für mich, die Selbstsetzung mit meinem Schwarzsein zu beginnen, als Teil der westafrikanischen Community in der bayrischen Kleinstadt zu erweitern und in einer Never-Ending-Story sich stets darüber bewusst zu sein, dass eine Übersetzung des Schwarzseins nicht nur durch Sprache geschieht? Es ist ein Versuch, ein prägender Versuch sich selbst nicht in einem schnelllebigen, beschleunigten, stets diskurs-wandelnden Alltag zu verlieren. #CounterStorytelling: Was heißt Counter Storytelling? Mehr dazu hier: https://noiseproject.org/introduction-to-critical-race-theory-and-counter-storytelling/
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Innerlich aus dem Rahmen sein ist eine Erkenntnis, die vieles verständlicher macht Wer bin ich in diesem Rahmen, wenn ich doch auch gleichzeitig aus dem Rahmen bin? Es stellt sich die Frage, wer ich nach Außen bin und vor allem zu erst die Frage, wer ich nach Innen bin. Wer bin ich im einzelnen Sein? Wer bin ich in einem Wir? Fremd im Selbst und auch Fremd im Anderen Es setzt einen Prozess in Gang, wo ich mir zuerst die Frage stellen muss: wie sieht mein Selbstbild aus, wenn ich mich zugleich auch im Spiegel betrachte Spiegelblick und Selbstbild Spiegelbild versus Selbstbild Wer bin ich, wenn ich mich im Spiegel betrachte? Innerlich aus dem Rahmen: Der Blick nach Innen ist auch ein Spiegelbild nach Außen Ich beobachte, benenne, durchbreche, definiere neu und bin das Innere aus dem Rahmen ….in Bewegung sein... ….nicht zu wenig.... ….nicht zu viel.... ….emotional.... ….wütend.... ….bewegt.... ….sein.... Wer ich bin, entscheide ich ….visuell und sprachlich ![]() Mit diesen Worten erinnere ich an May Ayim (*3. Mai 1960 - 9. August 1996) May Ayim hat mich bewegt: ....mit der politischen Selbstdefinition, im politischen Selbstverständnis – feministisch, rassismuskritisch, empowernd, Afrodeutsch ....mit ihrer Lyrik z.B. Grenzenlos und unverschämt – ein Gedicht gegen die deutsche Sch-einheit; blues in SchwarzWeiß, afrodeutsch I und afrodeutsch II; entfernte Verbindungen und viele mehr. ....die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit, die stetige Präsenz sozialer Ausschlussmechanismen in einer weißen Dominanzgesellschaft und auch die Frage der Selbstdefinition konnte ich persönlich vor allem mit „Farbe bekennen“ benennen. Geboren in Mai: Dichterin, Wissenschaftlerin, Logopädin, politische Aktivistin und Künstlerin weitere Links zu den wertvollen Werken von May Ayim:
Digitales Deutsches Frauenarchiv: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/may-ayim Verwobene Geschichten - Menschen: https://www.verwobenegeschichten.de/menschen/may-ayim/ May Ayim: Hoffnung im Herz - TRAILER: https://vimeo.com/422486461 (Anmeldung erforderlich) ![]() „We are taught that our relationships with on another diminish rather than enrich our experience. We are taught that women are ‚natural‘ enemies, that solidarity will never exist between us because we cannot, should not, and do not bond with one another. We have learned these lessons well. We must unlearnt them if we are build a sustained feminist movement. We must learn to live and work in solidarity. We must learn the true meaning and value of Sisterhood.“ Zitat: Sisterhood: Political Solidarity between Women. aus: Feminist Theory: From Margin to Center, S. 137. Was bell hooks in ihrer feministischen Theorie betont, ist nicht immer ein Selbstverständnis. Häufig befasse ich mich mit dem Begriff Sister*hood und komme häufig zum Ergebnis, dass es viel Arbeit in Anspruch nimmt, sich in einem solchen Setting wiederzufinden. Ich betrachte es persönlich als eine Herausforderung fern des ganzen Alltags, sich stets dem Prinzip der Sister*hood bewusst zu sein und dieses auch umzusetzen. Der Blick auf die Vergangenheit und wie ich aufgewachsen bin, erklärt vieles was bell hooks im Zitat beschreibt. Un-Learn and Learn. Wiederholung. Un-Learn and Learn. Als Schwarze Frau* lebe ich eben in einem konstruierten Wertesystem, welches mich immer wieder reflektieren lässt, was eigentlich wichtig ist - sichtbar zu leben und zu überleben. Es passiert doch häufig, dass es eher die Regel ist, sich mit anderen Frauen* zu vergleichen. Geht es um uns, Schwarze Frauen*, neigte ich doch in der Vergangenheit dazu, das Gleiche zu tun. Aber in welchem Wertesystem wachsen wir eigentlich auf? Statt den Vergleich der eigenen Person mit anderen Frauen* an erster Stelle zu setzen, sollte es eigentlich mehr darum gehen, die Gemeinsamkeiten und das Glück in den Vordergrund zu stellen, nicht alleine zu sein. Geht es um die Bildung einer Sister*hood, ist es auch wichtig zu erkennen, welche Bedeutung und welcher Wert hinter einer solchen Bindung unter Schwarzen Frauen* steht. Ich empfinde eine Begegnung mit einer Schwester* im Alltag als ein Moment durchatmen zu können. Es genügt bereits ein Blick der Anerkennung und Wertschätzung, um zu wissen nicht allein zu sein. Bonding betrachte ich als sehr wichtig, wenn es um ein Prinzip der Sister*hood geht. Jenseits der belastenden Erfahrungen, die den Alltag vieler Schwarzer Frauen* begleitet, sollten diese Erfahrungen nicht den wesentlichen Bestandteil eines Bondings bzw. einer Bindung zwischen Individuen ausmachen. Vielmehr sollte es auch darum gehen, den Glow und die Royalität jeder einzelnen Schwarzen Frau* wahrzunehmen und anzuerkennen. Die Erfahrungen jeder einzelnen Schwester* sind natürlich unterschiedlich, genauso was die Biografie jeder Einzelnen so einzigartig und besonders macht. Un-Learn and Learn heißt auch zu reflektieren, wo wir herkommen und was uns eigentlich ausmacht. Es sind eben diese Momente, nicht alleine zu sein und dies auch anzuerkennen. *Persönliche Empfehlung: Falls euch das Thema und bell hooks zusagen, kann ich euch das Buch aus dem das Zitat kommt, nur ans Herz legen… bell hooks: Feminist Theory. From Margin to Center. Erstveröffentlichung: 1984. hrsg. Taylor & Francis Ltd.; Revised Edition. in Englischer Sprache. Sich stets am falschen Platz zu fühlen, ist kein seltenes Gefühl. Vor allem verschwindet dieses Unbehagen schon gar nicht an Orten, wo immer die Frage mitschwingt nicht hierher zu gehören - warum auch immer. Ich spreche häufig von einer Sichtbarmachung meiner Person. Die Sichtbarmachung meines wirklichen Ichs – fern jeglicher Schublade, die plötzlich passend zu meinem Aussehen zur freien Verfügung steht.
Aber sobald es um fachliche Kompetenz im beruflichen Kontext geht, stelle ich mir doch leider häufig die Frage, ob dies tatsächlich wegen meiner Qualifikation geschah oder doch eher aufgrund der Erfüllung einer „Quote“. Diversity taucht doch sehr häufig in letzter Zeit auf. Ein offensichtlicher Trend, der mit dem Diskurs um die Themen Diskriminierung und Ausgrenzung eine Lösung darzustellen scheint. Aber ist es wirklich die Lösung gegen die große Lücke und Ignoranz im öffentlichen Raum? Möchte ich einem Foto, das im Zusammenhang einer scheinbaren Philosophie steht, Glauben schenken? Solche Fotos erwecken doch sehr den Anschein, das Prinzip Diversity umgesetzt zu haben. Jedoch habe ich beim Anblick Zweifel, ob ich als Schwarze Frau vielleicht auch die Diversity-Rolle auf einem solchen Foto verkörpern soll. Neben etlichen Erfahrungen im Alltag aufgrund der Tatsache mich als Schwarze Frau in mehrheitlich weißen Räumen zu bewegen, muss ich mir auch die Frage stellen, ob nicht genau meine gesellschaftliche Position das Image eines Betriebes aufpoliert. Mit dem Platz in der vordersten Reihe bei einem Teamfoto, wäre die Frage damit bereits beantwortet. Das Impostor Syndrome, auch Mogelpackungs-Syndrom genannt, ist mit Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten verbunden. Häufig sind Frauen davon betroffen, da wir einfach in einem patriarchalem System leben, was Männern per se eine hörbare Stimme übergibt. Zusätzlich zum Impostor Syndrome stelle ich mir als Schwarze Frau weitere Fragen, wenn es um meine Fähigkeiten und Qualifikationen geht. Natürlich bin ich geeignet und qualifiziert. Ich erwische mich trotzdem dabei dies zu hinterfragen. Eher geht es aber beim Hinterfragen eigentlich darum, ob meine Eignung wirklich gesehen wird, ob meine Worte wirklich gehört werden oder werde ich als eine soziale Symptombekämpfung eingestellt?Es tauchen eben mehr Fragen auf, die unnötiger nicht sein könnten. Diese Fragen erschweren es, meinen Platz im beruflichen Kontext zu sehen und vor allem überzeugt davon zu sein, dass ich als Schwarze Frau mit meinem wirklichen Sein sichtbar bin. Wenn ich an einem bestimmten Ort bin, dann ist es genau DIESER Ort, an dem ich sein soll. Mit meiner Sichtbarkeit an einem scheinbar weißen Ort, muss ich mir nicht Frage stellen, ob ich hier sein soll. Eher richtet sich die Frage an ein System, welches Ausschluss und Einschluss nicht deutlicher machen kann. Ein aktueller Diversity Trend als Reaktion auf immer mehr Stimmen Schwarzer Aktivist*innen, ist ganz bestimmt keine Lösung eines strukturellen Rassismusproblems. die Geschichte wird immer wieder (neu-)erzählt... in Endlosschleife. Zeit für den nächsten Track!7/13/2020 ![]() Erzählen wir unsere Geschichte mit unseren Worten, entspricht es gleichzeitig auch einer Begradigung einer Schieflage. Es gleicht jener Schieflage eines Bildes, welches wir immer wieder aufs Neue versuchen umzugestalten, zu dekolonialisieren und zu dekonstruieren. Reden wir von unseren eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft, passiert dies ganz bestimmt nicht zum ersten Mal. Ich genieße die Momente ohne erklären zu müssen, warum ich mich gerade an diesem einen bestimmten Ort befinde. Ich genieße es ebenso, nicht erklären zu müssen, wie es als Schwarze Frau ist, in einer scheinbar weißen Welt zu sein. Es kostet manchmal schon genug Kraft überhaupt einen Fuß vor die Tür zu setzen. Ich möchte die Gewissheit haben, nicht schon wieder bei einem Smalltalk das eigentlich Offensichtlichste und zugleich Unverständlichste dem unwissenden Gegenüber als ein Google-Ergebnis kompakt zu erklären. Es ist für einen weißen Teil der Gesellschaft gewollt unsichtbar, allerdings ist es für meine Schwestern und für mich alltäglich, rassistische Diskriminierung zu erleben und es ist egal in welcher Form das passiert. Es passiert und das reicht schon, um die Schieflage in einer weißen Mehrheitsgesellschaft zu benennen. Dass ich als Schwarze Frau neben dem privaten und beruflichen Wahnsinn, auch die Schieflage eines fehlerhaften Bildes an meinem eigenen Körper täglich spüren muss, ist für viele Nicht-Betroffene nicht greifbar. Bin ich aber die Person, die sich immer wieder aufs Neue quasi entblößen muss, um es greifbar zu machen? Erzählen wir unsere Geschichte, beinhaltet dies auch das Alltägliche und zugleich Anstrengende. Es sollte ganz bestimmt nicht intendiert sein, einen Moodkiller zu kreieren, womit die Stimmung in einem Raum einem Blues gleicht. Aber es ist eben die Realität, womit sich viele von uns auseinandersetzen müssen. Wenn mein Gegenüber fragt, wie es ist als Schwarze Person in einem scheinbar weißen Deutschland zu leben, antworte ich meistens kompakt und in Stichpunkten wie in einer Power Point Präsentation. Mir fehlt eben auch die Kraft meinem (weißen) Gegenüber die genannte Schieflage zu erklären mit der Hoffnung, dass sich etwas ändert. Es wird sich ganz bestimmt nichts ändern, wenn mein Gegenüber sich dem Rassismusproblem in Deutschland kurzzeitig widmet. Per Copy & Paste das Wichtigste raus schreiben und irgendwo bei Sonstigem zu speichern, genügt nämlich nicht. Eine Begradigung der Schieflage beabsichtigt auch, dass unsere Alltagsrassismus-Erfahrungen sowie unsere Position als Schwarze Menschen in Deutschland nicht in Endlosschleife ungehört bleiben. Es wird Zeit für einen neuen Track, wo es um die Benennung des Rassismusproblems in Deutschland geht und auch darum, unsere Geschichte nicht immer wieder aufs Neue erzählen zu müssen, als ob es vorher noch nie existiert hätte. Persönliche Buchempfehlung: Nach über 30 Jahren ist das Buch "Farbe bekennen" immer noch aktuell. Die Aufarbeitung und Sichtbarmachung Schwarzer Realitäten in Deutschland ist nach wie vor notwendig. "Farbe bekennen" stellt neben vielen weiteren wertvollen Buchveröffentlichungen ganz bestimmt keine thematische Nische dar, sondern muss ein Teil der klassischen literarischen Sammlung eines jeden Haushalts werden. Link: https://orlanda.de/book/may-ayim-katharina-oguntoye-dagmar-schultz-hg-farbe-bekennen-afro-deutsche-frauen-auf-den-spuren-ihrer-geschichte Es sind gerade diese Zeiten, wo Räume eine noch umso wichtigere Bedeutung erhalten.
Es sind gerade diese Zeiten, wo wir viel Zeit für uns brauchen. Fragen um unser Wohlbefinden erhalten auch hier eine neue Bedeutung. Ich schätze gerade in diesen Zeiten die Begrüßung von Schwestern und Brüdern auf der Straße. Es ist egal, ob wir uns fremd sind. In diesen Zeiten ist es umso wichtiger das Gefühl zu erhalten, nicht alleine zu sein. Ist es nicht zu häufig so in einer Welt, die einen mit offenen Armen empfangen soll, eher die Einsamkeit als einen ständigen Begleiter an seiner Seite zu haben? Mir fällt es schwer - die stets schweren Taschen meiner Generation sowie die Generationen davor von der Schulter zu nehmen. Es fällt mir umso schwerer zu glauben, dass die Taschen leichter werden, um das Weitergehen einfacher zu gestalten. Es liegt in Zeiten wie dieser eine Schwere in der Luft. Das Atmen fällt schwer. Das Bedürfnis weiter zu machen, drängt sich stets nach vorne. Immer weitermachen, stark bleiben, sich nicht selbst verlieren. Fällt es mir leicht? - Ganz und gar nicht! Möchte ich einen Weg bestreiten, der mich bestärkt statt belastet – Ja! Die Lasten dieser schweren Taschen sind gegenwärtig und jeden Tag zu spüren. Doch was eine solche Belastung so gefährlich macht, sind die Spuren auf unseren Schultern. Zu gerne würde ich einfach mit einem Wisch auf der linken Schulter und einem Wisch auf der rechten Schulter, die Spuren beseitigen, um die Welt mit diesen offenen Armen zu empfangen und vor allem diese Wärme zu spüren, nach denen wir uns alle sehnen. Melancholie ist die Sis‘, die mich stets begleitet. Doch um so wichtiger ist es, diese Sis‘ kennenzulernen und zu hinterfragen, warum ihre Existenz auch vieles in Gang setzt. Wird sie doch immer wieder durch die andere Sis‘ verdrängt, die uns immer wieder sagt, durchhalten zu müssen. Es ist okay, mal melancholisch zu sein. Es ist auch okay, mal nicht zu können. Es ist so was von berechtigt, mal nicht laut sein zu können. Es geht darum, zu atmen, tief durchzuatmen und noch mal tief durchatmen zu können. Gerade diese Zeiten verdeutlichen die Notwendigkeit der Sichtbarmachung dieser Lasten auf unseren Schulter, die das Laufen und Atmen in dieser Welt nicht spurlos ohne Narben auf den Schultern vorbei ziehen lässt. Umso dankbarer bin ich, nicht alleine zu sein und Unterstützung sowie Verständnis an beiden Seiten als Begleitung zu spüren. Es ist verwunderlich, wie vielen Reizen ich ausgesetzt bin, sobald ich mich in subkulturellen Räumen befinde, wo mein Gesicht eventuell nicht das Aushängeschild für diese subkulturelle Identität zu sein scheint. Was ich damit meine, ist den vermeintlichen Fehler in einem Raum zu spüren. Wie so häufig schon beschrieben, ist dieses Gefühl da, Irritation auszulösen – ein Unbehagen zu verbreiten. Fraglich ist auch, warum mir bei jedem abgebrochenen Blickkontakt peinlich berührt grinsende Fassaden entgegenspringen.
Es ist dieses eine Gefühl einem Fremdkörper zu gleichen und von außen zu beobachten, welche Mechanismen dadurch in Gang gesetzt werden. Wie häufig führen Gespräche dazu, dass das Unausgesprochene, doch irgendwie ausgesprochen wird und ich objektiv bestätigen soll, was denn jetzt der Wahrheit entspricht – Ich, die Repräsentation des Unausgesprochenen. Statt zu begreifen, dass auch ich eine Expertise zu vielen Themenbereiche besitze, führen die wenigen Gespräche in einem solchen Raum zum vermeintlich Offensichtlichsten, was meine Identität ausmachen muss – nämlich die zugeschriebene Identität der Schwarzen Person. Klar, ich bin sehr stolz und unapologetic Schwarz. Dennoch dient meine Identität nicht als Bestandteil einer Fremdzuschreibung, wo das Schwarzsein eher einer Objektivierung und Vereinfachung der eigenen Person im falschen Raum gleicht. Ich möchte nicht wissen, wie viele Schwarze Geschwister dem (weißen) Gegenüber die vermeintliche Sicherheit verleihen sollen, sich ach so offen und kompetent zu fühlen. Jedoch auch gleichzeitig zu erfragen, ob ich diese eine Schwarze Person aus dem Kindergarten kennen könnte – denn…na ja… da gibt es eine Gemeinsamkeit. Es mag sehr offensichtlich sein, dass meine Hautfarbe und die zugeschriebene Identität mit dem einzigen Inhalt Schwarz zu sein, ein thematischer Raumfüller zu sein scheint. Wenn ich einen Raum betrete, möchte ich auf keinen Fall in einer eindimensionalen Schublade landen oder als Google-Suchergebnis für die Frage „Was heißt eigentlich hier.….?“ missbraucht werden. Ich möchte da sein und kein Unbehagen, keine Unsicherheit spüren, womit die Bewegungsfreiheit körperlich und verbal sehr eingeschränkt wird. Es kann doch nicht so schwer sein, den sogenannten Lookism beiseitezulegen und zu begreifen, dass es nicht das eine Gesicht für subkulturelle Räume gibt. Es scheint noch nicht angekommen zu sein, dass der Punk auch von Schwarzen Punks geprägt wurde, dass eine radikale politische Position von einem Aussehen nicht abhängig ist, dass Kunst keine ethnozentrische Schublade zur Einordnung braucht während andere weiße Künstler*innen das Privileg haben nur durch ihre Werke sich mitzuteilen. Die Interessen sollen nicht von etwas äußerlich Zugeschriebenem abhängig sein. Ich will mich nicht einschränken und mich stets fragen, welche Räume mich willkommen heißen. Es sollte gleichzeitig darum gehen, Fragen beim Gegenüber anzustoßen und vor allem das sorgfältig errichtete (Welt-)Bild in eine Schieflage zu bringen. Decolonize that Space! Es ist höchste Zeit! Eine Kämpferin werden wir nicht sofort oder auch freiwillig. Der Kampf muss aber
geführt werden, sobald ein Raum betreten wird, wo die eigene Erscheinung Verwirrung auslöst. Ich spreche von Räumen, die von einer 100-jährigen Geschichte geprägt ist. Diese Geschichte schreibt vor, wer die handelnden Protagonist*innen sind. Viele kommen einfach nicht vor, da…. naja...diese gar nicht in einer solchen Geschichte existieren. Ich trefe viele Personen, denen diese Art der Geschichte nicht bekannt ist. Vielleicht liegt es an der Lesart, wäre meine Erklärung. Es sind die Räume, die wir Frauen of Color mit einer gewissen Furcht betreten. Wir müssen aber genau solche dieser Räume betreten, da auch wir ein Teil dessen sind. Wir wissen es, aber viele andere nicht. Die Erzählung dieser langanhaltenden Geschichte verändert sich nicht, da das Aussehen der Protagonist*innen sich nicht verändert. Die Geschichte, die ich inhaltlich versuche zu beschreiben, liegt im Ideal einer bestimmten Bildung und im Privileg gebildet zu sein. Dieses Narrativ schreibt ganz klar vor, dass das Wissen und Bildung in ehemaligen Kolonialstaaten erst mit den Europäern. Kam. Mit handelnden Protagonist*innen sind folgende gemeint, die Teil der Gebildeten sind, die die Pflicht haben, Wissen weiterzugeben, wie in den „ach so ungebildeten fernen Ländern Afrikas“. Die Weitergabe des Wissens ist ein wesentlicher Teil einer Geschichte, die vorgibt von wem das kommt und an wen das gerichtet ist. Blicken wir auf die Gegenwart , wird versucht ein ähnliches Schemata beizubehalten. Die Gebildeten geben ihr Wissen an die Unprivilegierten weiter. Wie diese eine Rolle des Gebildeten aussieht, meinen viele auf den ersten Blick zu wissen, nämlich entspricht es dem Gewöhnlichem. Blicken wir auf bestimmte Räume wie die Universität, wissen Einige auch welches Aussehen dem Gewöhnlichen entspricht und hier liegt die Verwirrung, wenn wir Schwarze Frauen und Frauen of Color diesen Raum betreten. Es ist wichtig eine Geschichte neu zu erzählen und vor allem zu relativieren, welche Personen dieses mächtige Wissen und den Reichtum an Bildung vertritt. In solchen Räumen zu kämpfen heißt präsent zu sein. Die Präsenz unserer Person verwirrt. Die Frage, ob ein solcher Reichtum an Wissen und Bildung überhaupt existiert, steht einer symbolischen Artikulation unserer Person entgegen. Wir besitzen eine äußerst wichtige Rolle in einer solchen Geschichte. Eine Rolle, die schon längst in einer solchen Geschichte erzählt werden müsste. Dieser Kampf muss handelnd geschehen, begonnen mit dem Betreten eines Raumes. Wir müssen präsent sein, wir müssen verwirren, wir müssen eine handelnde Protagonist*in in einer Geschichte sein, die uns benennt – wir sind hier. URL: www.youtube.com/watch?v=6giKIu5jUvA
Wie zuvor häufig zum Ausdruck gebracht, hat der Aktivismus als Solches verschiedene Formen und Handlungen (siehe Video: Solange - Almeda). Ich als eine Subjekt-begreifende aktiv handelnde Person möchte euch gerne mein Soundcloud-Mix sowie -Profil ans Herz legen (Werbung!!). Auch wenn ich persönlich nicht immer meine Energie in ewige Debatten investieren möchte, um präsent laut zu sein, entscheide ich mich dennoch bewusst für eigene Handlungen. Im Fokus meiner Handlungen und meines Aktivismus steht die Sichtbarkeit unserer Person - die Sichtbarkeit des Schwarzen Bewusstseins sowie die innere und äußere Schönheit als Schwarze Frau. Ich lege seit Kurzem als Dj auf und möchte auch beim Auflegen eine gewisse Sichtbarkeit hervorheben, indem ich als Schwarze Female DJ bewusst Schwarze Interepret*innen musikalisch zelebriere. In diesem Sinne viel Genuss beim Hören ;) https://soundcloud.com/miss_thirdeye Aktivist*in oder nicht? Ist es tatsächlich die Frage, die in einem Leben einer Schwarzen Frau tagtäglich präsent sein sollte? Es kommt meiner Meinung nach nicht auf den Grad der Radikalität an, eine solche Frage zu beantworten. Eher ist es die Frage der Self Care. Wohinein die Energie – seelisch und körperlich – investiert werden sollte, müsste die eigentliche Frage für einen selbst sein. Erst ich und dann das Andere (…was auch immer es ist.)
Zurück zum Ausgang. Die Frage, Aktivistisch oder nicht zu handeln, ist für mich immer gegenwärtig. Möchte ich überhaupt öffentlich in Erscheinung treten? Mit der Entscheidung einen Blog ins Leben zu rufen, bin ich vielleicht aktiv. Wenn es um meine Identität und Erfahrungen als Schwarze Frau geht, möchte ich diese mit Frauen of Color teilen, denen ähnliches im Alltag widerfährt und bei denen vielleicht ähnliche Fragen aufkommen. Es mag einem Selbsterfahrungskreis ähneln, egal. Ob ich aktivistisch im Kampf um eine eigene selbsterfahrene Stimme bin oder mit Konfrontationen und Herausforderungen den Alltag bestreite, ist nicht Frage. Eher sind es die Momente der inneren Ruhe. Wir dürfen uns ruhig zurückziehen, wenn wir keine Kraft haben. Wir dürfen ruhig wir selbst sein und das ohne präsent in öffentlichen Debatten sein zu müssen. Es sollte keine Frage des „eigentlichen“ Aktivismus im Fokus stehen, bevor nicht die Frage des Wollens beantwortet wird. Ein geschützter Raum heißt auch, einen Raum für eine bewusst entschiedene Haltung zu haben. Es ist okay! |
Autorin und ihre ideale..kritisch. Archiv
August 2023
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