Immer, wenn ich den Fernseher einschalte, bereue ich es gleich wieder. Die derzeit geführten Diskurse sind von sehr viel Wut, Anspannung und diesem imaginären Zeigefinger begleitet. Was ich mit diesem Zeigefinger meine, ist dieses Gefühl, was mich bei den gezeigten Bildern verfolgt. Einige können beim Thema Fernseher meinen, eine reine Unterhaltung darin zu sehen. Mein Studium in Sozialwissenschaften wird vermutlich viel dazu beigetragen haben, dass dieses Fernsehen als Medium auf gar keinen Fall nur der Unterhaltung dient. Sehe ich Bilder, sehe ich auch symbolische Mitteilungen. Eine solche symbolische Mitteilung ist beim Thema der Migrant*innen stark zu spüren. Nicht nur, dass sich die Begriffe um die sogenannten Migrant*innen, Ausländern, Deutschen mit Migrationshintergrund stets ändern. Das Gefühl der Fremdzuschreibung bleibt nicht aus, wenn diese Betonung des Andersseins bei jedem Bild verstärkt wird.
Zuletzt passiert das bei der Debatte, wer hierbleiben darf und wer dazu nicht berechtig ist. Vor allem scheint der Fokus darauf zu liegen, zu zeigen, dass diese sogenannten Fremden wirklich kriminell sind. Scheint es nur mir so zu gehen oder taucht die Tatsache - u.a. Schwarz zu sein und keine Daseinsberechtigung in Deutschland zu haben – im gleichen Atemzug auf. Dieser Zeigefinger, der dabei aus dem Nichts erscheint, ist eine Warnung, dass sich solche Bilder und deren Bedeutung in einer unerwarteten Geschwindigkeit ändern. Es mag immer Phasen sein, welche Gruppen eine immense Fremdzuschreibung erhalten. Doch für alle Betroffenen solcher Phasen ist es anstrengend und kräftezerrend. Vor allem wird keinerlei Raum für Betroffene ermöglicht, dieses fremdbestimmte Außenbild in einer meinungsbestimmten Gesellschaft zu ändern. Dieser Zeigefinger, der oft vor der Nase hin und her fuchtelt, mag eine Warnung sein. Es ist aber gleichzeitig auch ein Appell, nie still zu sein. Wenn mal wieder in einer Gruppe über diese brisanten Nachrichtenthemen wild diskutiert wird, bleibt doch immer das Gefühl, das wesentliche Dinge keine Worte finden. Die betroffenen Menschen in den gezeigten Bildern füllen unfreiwillig diese Bilder mit Inhalt. Es darf nicht sein, dass Bilder damit versehen werden, welche Personengruppen mal wieder Schuld an konstruierten Miseren haben. Solche konstruierte Miseren wie zum Beispiel die Überschwemmung durch Kriminelle mit einer verdächtig häufigen Zuschreibung des Fremden in Form der Hautfarbe. Diese Gefahr, die in etlichen schmerzvollen Bildern verpackt wird, entspricht nicht der Realität. Es dient konstruierten, emotionsgeladenen Schuldzuweisungen, die immer wieder ein neues Aussehen formen. Die Objekte dieser Gefahren ändern sich je nach Zeit. Aber es ändert nicht die Tatsache, dass diese Objekte Menschen sind, die viel Leid erfahren. Vor allem, wenn Personen als DAS Argument einer vermeintlich bedrohlichen Misere, jegliche Menschlichkeit verlieren. Schalte ich den Fernseher ein, sehe ich nur den Verlust jeglicher Empathie für das Leid der Menschen, die als Gegenstände einer gefährlichen Dynamik hinhalten müssen und dadurch alles verlieren, was ein handelndes Subjekt ausmacht – eine hörende Stimme zu haben. #mir_fehlen_manchmal_die_Worte #wortlos_aber_nicht_sprachlos #die_Scheiße_braucht_die_wahren_Worte
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Autorin und ihre ideale..kritisch. Archiv
August 2023
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